Metropolregion Rhein-Neckar/Hockenheim, 14.11.18. Mit Prof. Dr. Matthias Zimmer war ein profunder Kenner internationaler Politik Redner bei den 9. Kurpfälzer Sozialtagen. Erstmals machte diese seit Jahren in der Metropolregion Rhein-Neckar etablierte Veranstaltungsreihe in Hockenheim Station.

Die Kolpingfamilie als auch die CDU Hockenheim waren Kooperationspartner im Gemeindezentrum St. Christophorus. Mit den diesjährigen Sozialtagen unter dem Motto: Arbeit.Macht.Sinn. wolle man den Wandel Arbeitswelt durch digitalen Fortschritt beleuchten und überlegen welche Auswirkungen die sich ändernden Arbeitswelt, Gesellschaft und Sozialstaat haben so Uwe Terhorst, Referent für Arbeitnehmerseelsorge und neben Ulf Bergemann Veranstalter dieser Diskussionsreihe.

Der Frankfurter Bundestagsabgeordnete Matthias Zimmer spannte einen weiten Bogen und beschrieb den Weg der Globalisierung und den in den 1970er und 1980er Jahren beschriebenen Untergangsszenarien, die abwechselnd dem Wettrüsten der Weltmächte, der Atomkraft oder den ökologischen Zerstörungen geschuldet waren. Nach 1990 änderte sich alles rapide, nicht nur wegen des Wegfalls der Blöcke Ost und West, sondern auch wegen der technologischen Revolution auf dem Gebiet der Datenverarbeitung und der Innformationstechnik. In dem Maße, in dem die Welt sich untereinander verflocht stieg die Krisenanfälligkeit. Hier erinnerte Zimmer an das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000 oder an die Finanzkrise 2018.

Die technische Revolution Industrie 4.0 hat grundlegende Auswirkungen auf die Arbeitswelt so der Stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU Sozialausschüsse. „Wir müssen Arbeit und Arbeitsbeziehungen neu denken und ebenso die Nachhaltigkeit unserer Sozialsysteme“, meinte Zimmer gegenüber den 60 Zuhörerinnen und Zuhörern. Ob diese technische Revolution – wie viele davor – Jobs kosten und wie viele neue Jobs gleichzeitig entstehen, ob es sich am Ende die Waage hält, vermag keiner einzuschätzen. Durch die Technisierung und Flexibilisierung der Arbeitswelt sieht Zimmer zunehmend eine Entsolidarisierung der Belegschaften in den Betrieben. „Es war und ist dieser soziale Zusammenhang, der die Voraussetzung für die Sozialpartnerschaft darstellt und die Formen betrieblicher Mitbestimmung. Die Hände des Gesetzgebers seien weitgehend gebunden. Man könne höchstens die Vergabe öffentlicher Aufträge an Bedingungen knüpfen, beispielsweise ob ein Tariflohn bezahlt würde“, so Zimmer.

Für Überraschung sorgte die Forderung über die Einführung einer Maschinensteuer nachzudenken. Diese Idee aus den 1960er Jahren wolle er wie die CDA auf die politische Agenda bringen: Wenn durch Industrie 4.0 Industriearbeitsplätze abgeschafft werden, müsse die Frage erlaubt sein, wer für die benötigen Sozialversicherungsbeiträge aufkommen solle. Wenn Maschinen und Roboter Arbeitsplätze ersetzen, müsse über eine Ersatzfinanzierung der Sozialversicherungsbeiträge nachgedacht werden. Er lehne ein Bedingungsloses Grundeinkommen ab, weil er die Auffassung vertrete, dass Arbeit die Sozialsysteme zu finanzieren habe, so Zimmer.

Menschen würden sich anonymen Kräften gegenüber hilflos ausgesetzt fühlen. Sie fühlen die Globalisierungsfolgen, ökonomische Krisen oder Migrationsdruck. Sie fürchten das Ende des Vertrauten, den Verlust von Tradition, Heimat, das Ende auch des Berechenbaren. Sie fühlen dass die Welt komplexer wird. Das sei dann die Stunde der Populisten, der großen Vereinfacher. Eine davon ist die des US-Präsidenten. America-First lautet die Botschaft, also Rückkehr zum Nationalstaat und seiner Durchsetzungskraft, Rückkehr zu Mauern und Grenzen, Zöllen und „buy America“ und damit eine Abkehr vom Freihandel. Wenn man genau hinschaue sei dies bei der AFD ganz ähnlich, so der an der Universität Köln lehrende Politikwissenschaftler.

Nach seiner Auffassung gäbe es keinen Weg zurück in die heile Welt des Gestern, sondern nur einen Gestaltungsauftrag für die Welt des morgen. Dieser Auftrag könne nicht national sondern nur europäisch gelöst werden. Nur europäisch können wir unsere nationalen Ziele umsetzen. Nur dann werden wir international ernst genommen. Zimmer findet es seltsam, dass Macron „gute Vorschläge für eine weitere Integration Europas macht, aber keiner von uns antwortet darauf; das müsse sich ändern“, forderte Matthias Zimmer. Unsere Zukunft liege nicht in der Privatisierung, der Deregulierung und der Liberalisierung. Die Wirtschaft habe dem Menschen zu dienen und nicht umgekehrt. Die Globalisierung müsse nach den Grundideen der Sozialen Marktwirtschaft europäisch und weltweit gestaltet werden, meinte Zimmer abschließend.

CDU Ortsvorsitzender Markus Fuchs moderierte die teils kritischen Fragen aus dem Publikum und freute sich über den zahlreichen Besuch von Zuhörern auch außerhalb von Hockenheim. Die Vorsitzende der Kolpingfamilie Stefanie bedankte sich mit regional angebauten Wein und fair gehandelten Kaffee mit einem Präsent beim Referenten.

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